zurück zur Startseite oder zu den Mewes News
Die Biscaya, da muss man durch, nur wie?
Die Biscaya sollte man nie unterschätzen, bei uns Seeleuten hat sie sich Respekt verschafft, egal mit was für einem "Pott" wir da durch mussten, egal wie das Wetter war oder sich entwickelte. Immer wurde vorher die Wetterkarte gezeichnet, empfangen oder später im Computer-Programm solange studiert, bis ein sorgfältiger Kapitän es verantworten konnte, da durch zu fahren ohne Schäden für Schiff, Mensch und Ladung zu riskieren.
Allerdings bleibt immer ein Restrisiko, die Überraschung.
Bevor ich über einen erneuten Vorfall einer verpatzten Biscaya-Passage informiere (hier klicken zur Veröffentlichung), bei der es um fast über 100 Verletzte, Passagiere, ging, zitiere ich aus meinem Buch, wie ich es im Jahr 2014 gemacht habe:
"Die Wetteraussichten versprachen keinen fröhlichen Reiseverlauf bis hin zum Mittelmeer. In der schon geschilderten Biscaya wartete ein Orkantief auf uns, mit mehr als zehn Metern Wellenhöhen! Diese Aussichten verschlechterten sich auch noch zusehends. Schon die Wettervorhersagen für die Kanalinseln zeigten, und die Behörden vor Ort bestätigten dies, wir konnten wegen des dazugehörigen Seegangs die Ankerplätze vor den Häfen St. Peter Port/Guernsey und Saint-Malo/Frankreich nicht mehr sicher anlaufen. Die Passagiere mit unseren Tendern ausschiffen und später auch wieder sicher an Bord holen war zu gefährlich.
London, hinter der Tower Bridge an der "BELFAST" vertäut s.u.
So saß ich da allein vor dem Wetterprogramm und suchte nach Auswegen. Es schien so, als ob ich allein eine Entscheidung, ein mögliches anderes Ziel vorschlagen sollte. Von dem Manager in Monaco kam nichts. Eine etwas anders gelagerte Situation als die im Roten Meer beschriebene.
Mit der FTI Reiseabteilung besprachen wir andere Möglichkeiten. Die Kreuzfahrtdirektorin wollte in London aussteigen, falls ich doch die Biscaya direkt in Angriff nehmen wollte. Das Unwetter wollte ich dem Schiff und seinen an Bord befindlichen Menschen aber nicht zumuten. Das hätte bedeuten können, dass wir eine Sturmfahrt von über drei Tagen vor uns hatten. Mit Auswirkungen nicht nur auf den Fahrplan. Wer sagt mir denn im Voraus, ob alle Passagiere das ohne Unfall geschafft hätten? Stattdessen schlug ich Rouen vor. War mir aus „Deilmanns Zeiten“ bekannt, liefen wir zu jener Zeit an und die Stadt galt als eine Sehenswürdigkeit mit allerlei Möglichkeiten. Allein die Seine zu befahren ist sehenswert. Es lockten Ausflüge nach Paris, den Gärten von „Monet“, die Normandie und vieles andere mehr."
Die MS BERLIN war einst ein deutsches Traumschiff, damals 34 Jahre im Dienst. Eine alte Lady also!
Sie ist 139m lang, 17,5m breit mit einem Tiefgang von 5m angegeben. Besatzungsstärke war 180 und 420 Passagiere waren zugelassen (2014-15).
Zum Vergleich jetzt die "SPIRIT of DISCOVERY" der SAGA Cruises. Übergeben im Jahr 2019, von der Meyer-Weft in Papenburg.
Das Schiff ist 236m lang, 32,20m breit mit einem Tiefgang von max. 7,60m eingetragen. Die Crew besteht aus 540 Männern und Frauen, 987 Passagiere gibt es max. an Bord.
Ein bisschen moderner und jünger, auch wesentlich größer als die kleine BERLIN.
Wenn Sie den Bericht gelesen haben sollten (s.o.), dann will ich trotzdem gerne anmerken: Größe schützt nicht unbedingt vor dem Wetter da draußen auf See, schon gar nicht in der Biscaya.
Warum ist das so?
Bild: Windy Ty
Die Biscaya bildet ein Becken, begrenzt durch die Einfahrt in den Englischen Kanal bei Brest und im Süden durch das Cap Finesterre bei A Coruna (Spanien).
Bei stürmischen Westlagen drücken die Windkräfte die Wassermassen hinein in diese Bucht. Die Wassermassen stoßen alsbald an Land und fließen gegen die Windrichtung wieder hinaus, verursachen dadurch Kreuzseen, die steil und hoch sind und aus anderen Richtungen als die normale Dünung einem Schiff ordentlich zu schaffen machen können.
Zusätzlich wird diese natürliche Bucht im Norden durch den Festlandsockel (200m Tiefenlinie, eine Navigationshilfe im Echographen angezeigt, den Tiefgang aber abziehen!), kurz vor dem Englischen Kanal, eingeengt.
Dort gibt es eine Art Aufwärtsbewegung der Wassermassen, die auch noch durch die Gezeiten beeinflusst werden, um für zusätzliche Dünung und See zu sorgen.
Wenn Sie so wollen, eine kabbelige Angelegenheit das Ganze.
Der Kapitän tut gut daran, alle möglichen Wetterinformationen rechtzeitig einzuholen, sich mit den Behörden und Agenten der Zielhäfen auszutauschen, um dann entscheiden zu können ob er pünktlich eintreffen kann oder durch das Wetter eine Verspätung berücksichtigen, einplanen muss. Er muss wissen, ob sein Schiff das aushält. Dabei wird ihm eine gute Reederei oder ein gutes Ship-Management sicher zur Seite stehen, ihn unterstützen.
Allerdings gibt es dort auch Schwachstellen, dabei steht der Kapitän meist allein vor der Umsetzung. Monaco spielte damals bei mir eine Rolle, auch hier fand ich Manager für 2 der Schiffe von SAGA Cruises als zuständig.
Owner / Manager
Ein 3. Schiff war im selben Seegebiet unterwegs,
die "MEIN SCHIFF 3" mühte sich im selben Tiefdruckgebiet auch mit den Wetterumständen ab.
Die "SPIRIT of DISCOVERY" war von den Kanaren unterwegs nach A Coruna um dann von dort Richtung Portsmouth zu laufen, fahrplanmäßig sollte da der Turn Around sein für die nächste Kreuzfahrt gen Süden! Allerdings war der Hafen von
A Coruna bereits wegen schlechtem Wetter geschlossen worden! So war die Schiffsleitung gezwungen, weiter zu fahren, in die Biscaya hinein! War sie wirklich dazu gezwungen ?
Bericht von Raghib Raza; 8.11.23
Beinahe zeitgleich lief ein weiteres Schiff derselben Reederei aus Portsmouth aus, um eine Kreuzfahrt in den südlichen Atlantik zu beginnen.
Es handelt sich hierbei um die "SPIRIT of ADVENTURE", ein baugleiches Schiff, ein Schwesterschiff der "DISCOVERY"!
Allerdings bemerkte der Kapitän wohl die schlecht Wetterlage,
nachdem er seine Nase in die See gehalten hatte, praktisch am Ausgang des Englischen Kanals merkte, was da draußen auf ihn wartete.
Er drehte um und machte sein Schiff in Falmouth/Cornwall fest!
Eine hübsche Gegend übrigens.
Aber dennoch erstaunlich! Hatte er keine Wetterinformationen und Vorstellungskräfte, was da die Natur bietet? Er hätte doch liegenbleiben können, sogar müssen. Wer oder was treibt meine Kollegen an, sich von einer guten Seemannschaft zu entfernen?
Was kann man machen wenn einem das Wetter in die Quere kommt? Man kann sich besprechen, an Bord und mit der Reederei Kontakt pflegen. Oder eben der Ship Manager kann seine Denkfabrik aktivieren. Kommunikation ist heutzutage kein Problem mehr. Dazu gehören dann die einzelnen Agenten der Häfen, Lotsen und Behörden. Alle sind mit dem selben Problem beschäftigt, können helfen und informieren.
Hat man das alles gemacht bleiben ein paar Möglichkeiten.
Wenn die See es zulässt, kann man versuchen vor der Wetterverschlechterung dorthin zu kommen, wo man laut Fahrplan hin soll. Gelingt das nicht, spielt und testet der Kapitän an seinem Wetter-Programm am PC, kann er nur in das Wetter fahren und langsamer und mit verschiedenen Kursen zum Ziel gelangen, das kostet Zeit, eine Verspätung ist die Folge. "Abwettern" nennt der Seemann das!
Dabei kann es nötig sein die "Nase" , den Steven, des Schiffes in die "See" zu bringen, einen Kurs zu nehmen der die Wellen von Vorne nimmt. Allerdings mit geringer Geschwindigkeit, da solch Wellen hart wie Beton sind. Das Schiff muss langsam seinen ursprünglichen Kurs verlassen um vorsichtig in diese Position gebracht werden. Kurze Zeit bekommt das Schiff die Wellen von der Seite, das "Rollen" setzt ein. Da sollte man sich zumindest gut festhalten oder in der Koje liegen. Kommt das Schiff nun aus der Rollbewegung in die "Stampfbewegung", Wellen von Vorne, ist das Manöver erst einmal in Ordnung. Nun die Geschwindigkeit minimal Voraus halten, Stoppen und wieder Anfahren kann erforderlich sein, Vibrationen gehen durchs ganze Schiffe, harte Schläge lassen es manchmal erzittern. Aber keine Angst, das sollte so ein Schiff abkönnen.
Solch ein Manöver macht man üblicherweise bei Tageslicht, um sehen zu können was da auf einen zukommt, um den richtigen Moment abzuwarten. Und man informiert vor dem Manöver die Passagiere und Crew darüber. Das Schiff sollte ebenso gut vorbereitet sein, Verschlusszustand, keine Menschen auf den Außendecks, usw. Maschine besetzt und auf Manöverspeed.
Der Koch sollte nichts auf dem Ofen haben....
Eine Durchsage kurz vor dieser Kursänderung ist zwingend empfohlen, ebenso wenn es vollbracht ist.
"Hier spricht die Brücke mit einer Durchsage an alle Passagiere...usw.
Oder er läuft sicher dem Wetter hinterher. Er kann dann seine Geschwindigkeit bei bietender Gelegenheit so erhöhen, dass er sein Ziel noch zeitlich erreicht oder aber nicht allzu viel Zeit verliert. Auf alle Fälle müssen die Passagiere an Bord unterrichtet und vorbereitet werden. Lügengeschichten gehen gar nicht, jeder PAX hat einen PC und Handy! Ehrlichkeit siegt und ist kompetent. Die nötigen Sicherheitsvorkehrungen an Bord befolgen und vorbereiten ist Pflicht, das setze ich mal voraus das die bekannt sein sollten.
Ich habe seinerzeit die Fahrgäste mit den Umständen konfrontiert, sie mit Wetterdaten und Erfahrungen sowie den Ausweichmöglichkeiten vertraut gemacht. Ich habe den "Kachelmann" gegeben und die Leute mit ins Boot genommen.
Klar wurde der Fahrplan zusammen gestrichen, schließlich mussten wir 3 Tage irgendwo und irgendwie wieder hereinholen.
Schließlich sollten wir genau am 24.09.2015 in Nice (Nizza) sein um dort die nächste Traumreise beginnen zu lassen.
Als Randbemerkung möchte ich mich gern bei der Crew der BERLIN bedanken, die gaben sich alle so viel Mühe, die Passagiere waren begeistert. Trotz dieser verkorksten Fahrplansituation waren, bis auf 1ne Person, alle zufrieden mit der gesamten Reise. Das Herz der BERLIN hat es damals möglich gemacht. Dafür bin ich dankbar, dafür habe ich meinen Beruf geliebt. Danke!
Ist schon schwierig so eine Punktlandung. Es ist hart für die Crew einen Turn Around innerhalb von 12 Stunden hinzubekommen! Wollte ich auch mal loswerden. Besser wäre ein Aufenthalt von mindestens 24 Stunden bevor die nächsten Gäste an Bord kommen.
Aber das Hotel Schiff muss ja jeden Tag möglichst ausgebucht sein! Klar, eine riesige logistische Aufgabe ist das immer für den Transport von An- und Abreise und Unterbringung all der Menschen. Vollstes Verständnis dafür, aber bitte nicht um jeden Preis.
In dieser Jahreszeit sollte der Reiseplan,
der Schedule (Itinerary) für die europäische Region großzügiger ausgelegt werden um eine Sicherheit einzubauen. Außerdem weiß ich wirklich nicht ob es Sinn macht immer den Stürmen im Atlantik und der Biskaya vor der Nase herum zu tanzen. Bei der Häufigkeit der Schlechtwetterlagen im Oktober - Dezember wird es mit Sicherheit wieder ein Traumschiff treffen, das ist eine Lotterie ohne Gewinner.
Früher haben sich die weißen Schiffe zum Herbst und Winter in das Mittelmeer und in die Karibik verzogen, teilweise auch oft in die südliche Halbkugel begeben, um dort der Sonne näher zu sein und dem Karneval eben auch.
Ich gehe davon aus das der Flaggenstaat, in diesem Falle England, eine Untersuchung des Unfalles, immerhin sind Passagiere verletzt worden, durchführen wird, das ist so üblich wenn Schäden entstanden sind. Was dabei herauskommt werden wir hier nur schwerlich verfolgen können. Sicher wird der Kapitän dabei genauer unter die Lupe genommen, er ist der verantwortliche Mann, ganz allein, so wie immer.
Informationen zur angekündigten Untersuchung finden Sie hier:
Untersuchung "stürmisch" schnell!
Zu diesem Thema:
"Ship´s propulsion Safety System activated"
und weitere interessante Links finden Sie hier:
Ein guter Kapitän muss nicht unbedingt Tanzen oder Singen können, nein, er zeichnet sich durch Übersicht und gute Seemannschaft aus. Das ist seine erste Aufgabe, die sichere Führung eines Schiffes, seines Schiffes.
Er benötigt dabei Respekt und Unterstützung von der Crew und der Reederei, den Menschen an Land.
Wenn das alles stimmig ist, kann er auch gern mal ne Runde tanzen oder singen.
Im Netz wird jetzt wieder von allen Seiten diskutiert, wie das so passieren konnte. Ein paar, für mich aussagekräftige Gedanken, habe ich dargestellt.
Das Wetter, besonders dieser Sturm, hat auch für mich Folgen, obwohl ich nach langer unfallfreier Seefahrtzeit nun vor dem warmen Ofen sitze.
Der Sturm/Orkan hat an der französischen Atlantikküste über ca. 80% der Austern Zuchtfarmen heimgesucht. Die Züchter rechnen mit sehr hohen Verlusten und mit dem Hinweis:
so war es noch nie!
Aha, wieder ein Erfahrungswert für eine Klimaveränderung und ihre Folge!
Die Preise werden steigen für die wenigen frischen Austern zu Weihnachten.
Schade, ich bin ein Fan dieser Meeresfrucht.
Bleibt mir nur der Karpfen...
Blau!
Und der "Austernfischer" muss sich auch etwas einfallen lassen, seinen Ernährungsplan ergänzen!
Ich wünsche Ihnen allen nur gute und sichere Kreuzfahrten!
zurück zur Startseite oder zu den Mewes News