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DEUTSCHE SEESCHIFFFAHRT aktuelle Ausgabe 02/23

 (Das Verbandsmagazin für VDR Publikationen)


Der VDR (Verband Deutscher Reeder) hat das Jahr 2023 zum Jahr der Ausbildung für die gesamte Schifffahrtsbranche als Ziel genannt, aufgepasst, der Blick beginnt sich nach Vorne zu richten! 

 Das Motto:


 Crew gesucht! Der Wettbewerb um den Nachwuchs

Maritime Ausbildung - Beruf mit Perspektive
- Fachkräftemangel -

Schon mal etwas davon gehört? Auch in unserer Branche nicht neu.

Aus dem Editorial der o.a. Ausgabe zitiere ich die Frau Präsidentin des VDR:


„Es ist an der Zeit, den Blick auf dieses drängende Problem zu richten und Lösungsansätze zu finden, um den Crewbestand aufzustocken und damit langfristig unser Schifffahrts-Know-how zu sichern. Jüngst haben die internationalen Schifffahrtsverbände Alarm geschlagen (Bem. was ich übrigens schon seit langem intensiv aber ungehört mache).
Bis 2026 fehlen knapp 90.000 Führungskräfte in der weltweiten Schifffahrt. Die Ursachen für den Nachwuchsmangel sind vielschichtig. Einer der Hauptgründe ist wohl das mangelnde Interesse junger Menschen an einer Karriere auf See.

 

Traditionell wird die Arbeit auf Schiffen als hart und entbehrungsreich angesehen. Lange Abwesenheit von der Heimat, unregelmäßige Arbeitszeiten und die damit verbundene Belastung machen den Beruf für viele unattraktiv.

 

Zudem kämpft die Schifffahrt immer noch mit einem Imageproblem, das auch geprägt ist von den Zeiten der globalen Pandemie, unter deren Folgen gerade Seeleute besonders gelitten haben.

 

Um dem Nachwuchsmangel entgegenzuwirken, muss die Branche ihre Anstrengungen verstärken. Es sollten Ausbildungspartnerschaften gebildet und gefördert werden. Unternehmen, Sozialpartner, Politik und Verwaltung sowie Ausbildungsstätten sind gemeinsam gefordert, durch eine gezielte Nachwuchsförderung die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schließen.

 

Auch eine breitere Aufklärung über die beruflichen Möglichkeiten in der Schifffahrt ist notwendig. Junge Menschen über die Karrieremöglichkeiten in der Schifffahrt umfassend und zeitgemäß zu informieren und ihnen aufzuzeigen, dass ein Beruf an Bord auch im digitalen Zeitalter spannend und zukunftsorientiert ist, bleibt Priorität für unsere Branche.

 

Vielen ist etwa gar nicht bekannt, wie hochmodern Schifffahrt heute ist. Die Spitzentechnologie bietet beste Möglichkeiten, die Automatisierung weiterzuentwickeln, die Effizienz zu steigern und damit zu einem erhöhten Klima und Umweltschutz in der Schifffahrt beizutragen. Es ist deshalb wichtig, junge Menschen für die digitalen Innovationen und die technischen Aspekte unserer Branche zu begeistern. Durch die Förderung von Bildungsgängen im Bereich der maritimen Digitalisierung können wir sicherstellen, dass die nächste Generation von Seeleuten mit den erforderlichen Fähigkeiten ausgestattet ist, um die Herausforderungen auf den Schiffen der Zukunft zu meistern. Der Wettbewerb um den Nachwuchs ist in vollem Gange. Die Branche muss sich dieser Herausforderung stellen und jetzt proaktiv handeln, um sicherzustellen, dass die deutsche Schifffahrt weiterhin talentierte junge Menschen anlockt, die bereit sind, gemeinsam mit uns die Meere zu erobern.“

 

Dr. Gaby Bornheim, Präsidentin des VDR

 

  

Ich bin verblüfft über soviel Schwung und Erkenntnis im VDR. Es erinnert mich an das Jahr 1972, mein Jahr!

 

Aufgrund einer Initiative des VDR und des Arbeitsamtes bekam ich meine erste Chance zur See zu gehen, um die Meere zu erobern, um zu sehen: passt es zu mir da draußen in der weiten Welt, kann das meine Zukunft sein.
Um Verdienst und Heimweh ging es mir dabei nicht, ich wollte Kapitän werden, das umsetzen, was ich angekündigt hatte, mit knapp 8 Jahren.
Mein Traum konnte beginnen, weil der VDR und die Reederei Hamburg-Süd an meiner Person Interesse zeigten. Eine langfristige Perspektive wurde geboten, bei beiderseitigem Erfolg versteht sich.

Ich mahne nun schon längere Zeit an, die deutsche Arbeitskraft wieder an Bord zu nehmen, den Nachwuchs zu fördern. Endlich geht es wohl los, oder doch nicht? Etwas spät vielleicht? Wenn man genau sieht, was die Präsidentin schreibt, benötigen wir bis 2026 ca. 90.000 Führungskräfte!
Von nun an (2023) in 3 Jahren! Die Zeit reicht ja kaum um etwas Gescheites zu lernen. Führung kann man doch erst übernehmen, wenn man Erfahrung gesammelt, erlernt hat. Wie viel Zeit wollen wir den Leuten geben? Reicht sie?
Oder sparen wir an der Qualität der Ausbildung?

Ich bin leider wieder beim Thema. Erst die Ausbildung verkürzen,  die Schulen abschaffen und jetzt der Schrei:  

voll voraus!

Planlos in die Zukunft gedriftet, getrieben, ohne Kurs und Geschwindigkeit. Nur Ausflaggen und Billig-Crew auf Schiffe schicken war bisher das Non-plus-Ultra.

Ein Imageproblem hat die Schifffahrt nicht nur durch die Pandemie bekommen, das war vorher vorhanden. Allein durch die Finanzkrise, dem Bankenskandal rund um die HSH-Nord Bank und den Finanzierungsmodellen Schiffbau.
Mit Verlusten für die Geldgeber und letztlich dem Steuerzahler, der Bürger im Sinne von bürgen schlechthin.

Und ebenso wichtig erscheint mir die Tatsache, dass der Respekt und die Wertschätzung gegenüber den Seeleuten abhanden gekommen sind.

Mich wundert etwas, dass nicht über Geld gesprochen wird. Lukrativ soll der Job sein, meint doch auch: was knapp wird, muss besser bezahlt werden. Eine typische Reaktion der freien Marktwirtschaft. Mindestens der HTV-See (Heuertarifvertrag See) muss angeboten werden.
Stattdessen sitzen im VDR viele Reeder und Crew-Manager, die mit dem Billiglohnsegment arbeiten, weit unter Tarif ihre Besatzungen hinaus auf See jagen und das für 9-12 Monate am Stück, mindestens, nicht nur während der Pandemie.

Erst im März 2023 verkündete der VDR stolz, über 50.000 Patente und Zertifikate von philippinischen Seeleuten in Europa anerkannt bekommen zu haben. Meint auch, dass deren „Niveau“ ausreichend geprüft wurde, damit das auch klappt.
Die Patente und Zertifikate der internationalen Crews sind allgemein abgestuft worden, bei uns finden Menschen auf Fachschulen-Niveau, Zugang in Führungspositionen an Bord. Hier spürt man mittlerweile keinen Know-How-Vorsprung mehr gegenüber der Billigcrew aus Asien und anderen Ländern.
Das finde ich bedenklich.

Draußen auf See geht es um Menschenleben und Millionenwerten an Ladung und Schiffen. Bei Unfällen mit Umweltschäden in gigantischen Ausmaßen.

Ein Mensch, der zur See möchte, braucht einen eigenen Antrieb dies zu wollen, eine Art Veranlagung oder Talent. Dazu ein lukratives Vertragsangebot mit anständiger Bezahlung. Sonst kommt kein junger Mensch auf die Idee hinaus in die Welt zu wollen. Der Wettbewerb muss spürbar werden und sein. Nicht nur mit billigen Werbesprüchen.
Vielleicht einmal wieder „Ferienfahrten“ für Schüler in den Sommerferien als Praktikum anbieten, so wie bei mir damals. Allerdings unter einer Führung an Bord, die will und kann, nicht irgendwelche "never mind Vertragsfahrer" bitteschön!

Vertrauen braucht es, mehr noch von den Bewerbern gegenüber der Reederschaft, als anders herum. Immerhin gab es in der Vergangenheit reichlich Enttäuschungen, wie man mit deutschem Personal umgegangen ist. Die Entwicklung kann in meinem Buch „Ich wollte Meer!“ und anderen Büchern nachgelesen werden.
Der Blick zurück ist allerdings bei vielen, die jetzt nach Abhilfe rufen, verpönt.
Die schauen lieber nach Vorne, als aus den gemachten Erfahrungen gelernt zu haben. Eigene Fehler einzugestehen - Fehlanzeige.
Entschuldigung zu signalisieren, auch eine Schwäche derer, die nun aber schnell noch mal alles umwerfen wollen.
Vertrauen, so wie ich es damals hatte, das und vieles andere würde helfen.

Ich werde weiter den Ausguck besetzen und mit offenen Augen und Ohren die Wache gehen, um zu erfahren: geht da noch was?
Ich hoffe immer noch sehr darauf, für alle Schifffahrtsbereiche.

Die Frage eines Azubis an mich: 
„Kann ich noch Kapitän werden?“

Ich würde sie gern mit einem klaren: 
„JA“ beantwortet wissen, aber . . .

Fortsetzung folgt!


 

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